Streikbrecher?

 
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Da ich ja die Gender-Kolumne dieser Zeitung innehabe, komme ich wohl nicht umhin, über den bevorstehenden Frauenstreik zu schreiben. Ich tue das ein wenig widerwillig, denn ich kreuze ja bekanntlich nur manchmal als Frau auf und das auch nur dann, wenn das Licht genug schummrig ist, um nicht enttarnt zu werden. Verzeihen Sie mir also meine Wortergreifung als eigentlicher Mann. Aber der Streik ist nun mal wichtig!

An meinem letzten Auftritt trug ich aus Solidarität einen violetten Frauenstreik-Pin. Eine Zuschauerin fragte mich darauf, wie ich denn den Frauenstreik verbringen werde. Für mich war klar, dass ich nicht am Streik teilnehmen werde, so als Mann. Trotz Frauengarderobe. Aber offenbar ist das nicht ganz so klar. Auch der ‹Blick› fragte in einem herbeigeschriebenen Zwist Anfang Mai nach den Männern: «Zoff um Männer am Frauenstreik». Präsentiert wird ein Hausmann, der mitstreiken will. Auch die Aktion Medienfrauenstreik auf instagram kommt nicht ohne männliche Statements aus. Da fordern Männer beispielsweise mehr Frauen auf Bühnen, mehr Frauen in Sitzungen, mehr weibliche Komikerinnen… Einer fordert gar: «Mehr Respekt für alle!» (Hä?!) Ich frage mich: Wie viele von diesen Männern haben begriffen, dass sie Teil des Problems sind? Aber bevor Sie mir jetzt kommen mit: Das sei ja männerfeindlich, es seien doch nicht alle Männer Teil des Problems, usw., lassen sie mich sagen: Natürlich sind nicht «all men» böse und schlimm. Aber wir leben nun mal in einer Welt, die Männer bevorzugt und Frauen benachteiligt. Das ist genauso sehr strukturell, wie das Wort «strukturell» unsexy ist.

Nun kann Mann natürlich eine Meinung zur Benachteiligung der Frau haben, aber dann präsentiert man besser keine halbpatzigen Forderungen auf Social Media, die einen eigentlich mehr betreffen, als einem lieb wäre. Sondern hält sich besser solidarisch im Hintergrund. Und kommt um Himmels Willen nicht auf die Idee, auch streiken zu wollen am Vierzehnten. Denn lassen Sie mich einen «klassischen» Streik zum Vergleich herbeiziehen: Da geht es darum, dass die Arbeitenden ihre Tätigkeit niederlegen, damit der Chef auf ihre Forderungen eingeht. Der Streik fügt dem Patron ökonomischen Schaden zu und bewirkt einen Ertragsausfall. Denkt man das auf den Frauenstreik um, dann ist ganz klar: Die Frauen streiken, um ihre Forderungen beim Patriarchat zu platzieren, das in diesem Land vorherrschende Maxime ist. Da haben Männer an diesem Streik, seien sie auch noch so offen und links, nichts zu suchen. Wäre ja absurd, wenn analog dazu der Patron bei gebeutelter Belegschaft mehr Respekt für alleeinforderte oder er selbst gleich mitstreiken täte, ohne nachher etwas an den schlechten Arbeitsbedingungen zu ändern, nicht wahr?

Darum hier mein Aufruf: Streikt, ihr Frauen! Und seid mir nachsichtig, dass ich in dieser Kolumne als Mann (immerhin) in Frauenkleidern viel zu viel über Männer geschrieben habe. Ich bin auch Teil des Problems. Und ihr Männer: Arbeitet brav und merkt, was Frauen täglich alles leisten. Und solidarisiert Euch nach getaner Arbeit, ohne Euch in den Vordergrund zu rücken. Die Welt den Frauen! Und der Streik am 14. Juni sowieso.

Mona Gamie