Albträume und Schäume

 
 

Eigentlich wollte ich letzte Woche ja nur eine Flasche Shampoo kaufen, liebe Leserin, lieber Leser. Doch was mir da im Regal für Kinder begegnete, war ein richtiger Albtraum – das will ich Ihnen nicht vorenthalten: Es ist ja keine Neuigkeit, dass Hygieneprodukte «gegendert» sind, also dass von jeder noch so irrelevanten Tagescrème eine Moschus-getränkte Version für Männer existiert. Oder dass sich Frauen die Beine nur mit einem rosafarbenen Rasierer enthaaren könnten und dafür noch mehr bezahlen dürfen. Und sowieso, dass es einen Unterschied gebe zwischen Männerhaut und Frauenhaut! (Fragt sich nur, ob ich demnach Chamäleon-Haut habe…?) Dass nun aber gegenderte Kinder-Shampoos auch so hoch im Kurs scheinen, liess mich schäumen! Da lachte mir auf einer rosafarbenen Flasche, deren Inhalt scheusslich süss duftete, eine Prinzessin in Kleid entgegen, auf einer blauen Flasche hingegen ein jungenhafter Ritter mit Holzschwert in der Hand. Was mich gleich an die Kinder-Tütensuppe eines Grossverteilers erinnerte, deren rosa Mädchen-Version vegan war und die blaue Jungs-Version natürlich mit Fleisch. (Abgesehen von diesem plumpen Geschlechterstereotyp: Fleisch in einer Tütensuppe…?)

Nun kann man das ja alles gut und recht finden und ich glaube meinetwegen all den Marketing-Experten, dass sich diese Produkte gut verkaufen. Aber ganz ehrlich: Muss denn wirklich jedes Produkt gegendert werden? Es gibt nun sogar ein Überraschungs-Ei für Mädchen – natürlich in rosa. Was kommt als nächstes? Das Überraschungs-Ei für Buben aus Schmieröl statt Palmöl? Auf die Gefahr hin, wie eine alte Dame zu klingen: Früher hat uns ein Überraschungs-Ei für alle gereicht.

Verstehen Sie mich nicht falsch, ich möchte Geschlecht nicht abschaffen – sonst wäre ich ja arbeitslos. Was mich vor allem stört, sind die Bilder, die vermittelt werden in diesem ganzen pink-süsslich/blau-herben Dickicht der Geschlechterklischees. Ein paar weniger von diesen schädlichen Stereotypen, die zum Ziel haben, Mädchen zum Heimchen und Jungs zum Macho zu machen, fände ich prima. Starke Frauen und Männer, die weinen, braucht die Welt. Und angesichts dieser Auswüchse des Spätkapitalismus, soll mir ja niemand mehr kommen und sagen, Geschlechterunterschiede seien natürlich, wenn wir Kinder und Neugeborene schon mit all dem Gender-Gugus überhäufen. Abgesehen davon, sind die Klischees sowieso nicht konsequent zu Ende gedacht. Nehmen wir zum Beispiel das Shampoo: Brauchen Jungs überhaupt Pflegeprodukte? Ein echter Kerl wäscht sich doch nicht – welcher Mann möchte schon sauber sein?!

Mir hat’s jedenfalls die Kauflaune weggespült. Und sowieso –aufs Shampoo kann ich auch gut verzichten! Schliesslich wasche ich meine Perücke nur mit feinstem Champagner.

Mona Gamie